Von Gerd Lache | 16.05.2024
Jochen Protzer, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald GmbH (WFG), macht deutlich: „Unsere Wirtschaft ist auf die freiheitliche Demokratie und einen funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenhalt angewiesen. Nicht nur deshalb stehen wir gemeinsam für eine weltoffene, tolerante und wirtschaftlich starke Region Nordschwarzwald ein.“ Die Demokratie-Erklärung sei auch aus humanitären Gründen eine klare Absage gegen Rassismus und Diskriminierung.
Wie es in der Erklärung unter anderem heißt, verunsichere die Transformation der Automobil- und Zulieferindustrie viele Menschen. Arbeitsplätze veränderten sich oder würden wegfallen. Die Zukunft sei ungewiss. „Wir verstehen die Ängste der Menschen“, so die Sprecher der Unterzeichner-Gruppe. „Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Transformation gemeinsam mit den Unternehmen proaktiv zu gestalten und Zukunftsperspektiven zu entwickeln.“
Abschottung und Extremismus keine Lösung
Die Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft liege nicht in Abschottung und Extremismus, heißt es in dem Papier des Transformationsnetzwerks. „Baden-Württemberg ist ein weltoffenes Land, das von seiner Exportquote und der Vielfalt seiner Bevölkerung lebt. Wir brauchen mehr Fachkräfte aus dem Ausland, um unseren zukünftigen Bedarf zu decken. Extremistische Parteien und menschenfeindliche Einstellungen gefährden unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit auch unsere wirtschaftliche Zukunft.“
Demokratie und Weltoffenheit als Schlüsselwerte
Die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Werte von Freiheit, Toleranz und Vielfalt seien die Fundamente für eine erfolgreiche Zukunft. „Unsere Wirtschaft und unser Wohlstand sind auf diese Werte angewiesen“, so die TraFoNetz-Akteure. „Wir treten entschlossen gegen jede Form von Rassismus, religiöser Diskriminierung und Antisemitismus ein. Alle Menschen in unserem Land sollen sich sicher und willkommen fühlen.“
Gemeinsam die Zukunft gestalten
Die Unterzeichner rufen dazu auf, die Herausforderungen der Transformation gemeinsam anzugehen. „Wir können die Geschichte unserer Region als eine Region der Toleranz, des Zusammenhalts und der Weltoffenheit fortschreiben. Packen wir es gemeinsam an!“
Unterzeichnet wurde die Erklärung von folgenden Trafonetz Partnern und Mitgliedern des Transformationsbeirats: Dr. Stefan Baron (AgenturQ), Martina Lehmann und Annette Hanfstein (Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim), Gennadi Schermann (DIZ | Digitales Innovationszentrum), Bernd Dworschak (Fraunhofer IAO), Ralf Kühnle (Friedrich Boysen GmbH & Co. KG), Benedikt Koziol (Handwerkskammer Karlsruhe), Christiane Nowottny (Handwerkskammer Reutlingen), Professor Rainer Neumann (Hochschule Karlsruhe), Professor Bernhard Kölmel (Hochschule Pforzheim/Vorsitzender des Transformationsbeirats), Silke Hamann (IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), Martin Kunzmann (IG Metall Pforzheim), Carl Christian Hirsch (IHK Nordschwarzwald), Bastian Rosenau (Landrat des Landkreises Enzkreis), Kerstin Gatzlaff (Vorstandsmitglied der Sparkasse Pforzheim Calw), Peter Rosenberger (Oberbürgermeister der Stadt Horb), Frank Schneider (Oberbürgermeister der Stadt Mühlacker), Jürgen Großmann (Oberbürgermeister der Stadt Nagold), Cornelia Koch (Südwestmetall), Jochen Protzer (Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald), Philip Paschen (Witzenmann GmbH), Xaver Feiner (Zollner Elektronik AG).
Das Transformationsnetzwerk TraFoNetz Nordschwarzwald unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG) ist die größte regionale Gemeinschaftsinitiative zur kostenfreien Unterstützung der Unternehmen im Automobil- und Zuliefererbereich und ihrer Beschäftigten im Nordschwarzwald. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Ziel ist es, die Transformation erfolgreich zu meistern und damit den Standort Nordschwarzwald und die Arbeitsplätze zu sichern. Über die einzelnen Branchen hinweg wird die Transformation verstanden als Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.
TraFoNetz-Partner sind unter anderem die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die Hochschule Pforzheim, die AgenturQ mit Südwestmetall und IG Metall, die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, e-mobil BW, IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Steinbeis InnoBW, wvib Wirtschaftsverband und weitere. Unterstützt wird das Projekt von einem 28 köpfigen Transformationsbeirat mit dessen Vorsitzendem Professor Dr. Bernhard Kölmel von der Hochschule Pforzheim.
DEMOKRATIE-ERKLÄRUNG IM WORTLAUT
Für Demokratie – gegen Extremismus
Die Transformation der Automobil- und Zulieferindustrie verursacht bei vielen Menschen Zukunftsängste. Viele Arbeitsplätze werden sich in den nächsten Jahren verändern oder ganz wegfallen. Damit verbunden ist die Unsicherheit um den eigenen Arbeitsplatz und die Befürchtung eines sozialen Statusverlusts. Häufig arbeiten gleich mehrere Familienangehörige in der Automobil- und Zulieferindustrie und können von der Transformation betroffen sein.
Wir wissen um die Zukunftsängste der Beschäftigten und Unternehmensinhaber und können sie gut nachvollziehen. Deshalb haben wir es uns als Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald zur Aufgabe gesetzt, die Transformation der Automobil- und Elektroindustrie in der Region proaktiv mitzugestalten. Unser Anspruch ist es, gemeinsam mit den Unternehmen Zukunftsperspektiven zu entwickeln und die Beschäftigungsfähigkeit zu stärken.
Die Antwort auf die Transformation ist aber nicht die Abschottung von den Weltmärkten und die Begrenzung der Migration nach Deutschland. Baden-Württemberg ist das Bundesland mit der höchsten Exportquote und mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Baden-Württemberg hat einen Migrationshintergrund. Wir brauchen mehr gesteuerte Zuwanderung aus dem Ausland und nicht weniger, um unseren zukünftigen Fachkräftebedarf zu sichern.
Wir betrachten es mit Sorge, dass über die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg mit der Demokratie in Deutschland unzufrieden ist. Doch die Wahl von extremistischen Parteien ist kein Beitrag zur Lösung der Zukunftsängste und Sorgen. Vielmehr ist die Wirtschaft im Nordschwarzwald und darüber hinaus auf die freiheitliche Demokratie und einen funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenhalt angewiesen.
Deshalb setzen wir uns für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ein. Wir stehen für Freiheit, Demokratie, Vielfalt, Sicherheit, Zusammenhalt und ein weltoffenes Miteinander. All das sind Werte, die Orientierung und Perspektiven bieten. Wir sagen deutlich: Unsere Wirtschaft ist auf die freiheitliche Demokratie und einen funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenhalt angewiesen. Der Einsatz für unsere Werte ist auch ein Einsatz für den Erhalt sicherer Arbeitsplätze und für den Wohlstand in unserer Region.
Unseren Wohlstand verdanken wir auch unserer Weltoffenheit und Vielfalt. Beides sind wichtige Erfolgsfaktoren für die Unternehmen im Nordschwarzwald. Deshalb sehen wir nicht dabei zu, wie die Kultur des Miteinanders untergraben wird, sondern stellen uns entschlossen gegen jede Form von Rassismus, religiöser Diskriminierung und Antisemitismus. Wir treten entschlossen dafür ein, dass sich alle Menschen in unserem Land sicher fühlen – unabhängig von Herkunft, Staatsangehörigkeit oder Religion.
Gemeinsam können wir die Transformation gestalten und die Geschichte einer freiheitlichen und wirtschaftlich erfolgreichen Region fortschreiben. Einer Region, die Toleranz, Zusammenhalt und Weltoffenheit vereint.