Von Gerd Lache | 13.07.2024
Noch werde in den baden-württembergischen Unternehmen zu wenig unternommen, um die Beschäftigten fit zu machen für die Herausforderungen der Zukunft, meint Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg. Allerdings sieht sie auch Handlungsbedarf bei einigen Mitarbeitenden, die sich nach vielen Jahren in der Praxis scheuten, wieder das Lernen zu lernen. Für Resch ist klar: „Die Betriebsräte müssen Treiber für die Weiterbildung werden.“
Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können die Ergebnisse der Future-Skills-2030-Studie ein wertvoller Kompass für die Weichenstellungen der Zukunft sein, macht Oliver Barta deutlich. Dem Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall zufolge pflegen die Großkonzerne ihre Zukunftsstrategien intensiver als dies – personalbedingt – bei den KMU möglich sei. Letzteren biete die Studie deshalb Unterstützung.
Öffentlich vorgestellt wurde „Future Skills 2030“ bei der Landespressekonferenz im Bertha-Benz-Saal des Stuttgarter Landtags. Der Pressemeldung zufolge werden bis 2030 in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg die geforderten Kompetenzen in den drei wichtigsten Themen IT-Systemsicherheit, Künstliche Intelligenz und emissionsfreie Produktion um jeweils 50 Prozent ansteigen. Entsprechend müsse in die berufliche Weiterbildung investiert werden, um zukünftigen Anforderungen und Aufgaben begegnen zu können.
Zu diesem Ergebnis kommt die von der AgenturQ in Auftrag gegebene Future-Skills-Studie. Die AgenturQ, einer der Konsortialpartner des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald, mit Geschäftsführer Dr. Stefan Baron ist nach eigenen Angaben eine gemeinsame Qualifizierungseinrichtung von IG Metall und Südwestmetall.
„Die Future-Skills-Studie gibt uns Orientierung darüber, welche Kompetenzen Betriebe und Beschäftigte in der Zukunft benötigen – und einen wichtigen Impuls, wie wir daraus rechtzeitig passende Weiterbildungsangebote ableiten können“, erklärt die IG-Metall-Bezirksleiterin. Die Ergebnisse der Future-Skills-Studie böten die Grundlage für eine zukunftsorientierte Weiterbildungsstrategie der Unternehmen. „Dies ermöglicht, die Transformation der Metall- und Elektroindustrie aktiv mitzugestalten“, sagt der Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer.
Die Autorinnen und Autoren der mit der Erstellung der Studie beauftragten IW Consult haben 39 Future Skills-Cluster identifiziert, die bis 2030 an Relevanz hinzugewinnen werden oder relevant bleiben. Die Studie habe die Nachfrage nach Zukunftskompetenzen (Future Skills) in den vier Schlüsselindustrien Automobil- und Zulieferindustrie, Maschinenbau, Metallindustrie und Elektroindustrie untersucht und dabei eine besonders starke Nachfrage nach technologischen und digitalen Kompetenzen sowie einen stark wachsenden Bedarf von Kompetenzen zur Sicherung zentraler Geschäftsprozesse festgestellt. Aus den Daten lasse sich zudem ein hoher Bedarf nach industriellen Kompetenzen, wie auch nach überfachlichen Kompetenzen ablesen.
Für die Identifikation der Zukunftskompetenzen wurden knapp eine Million relevanter Online-Stellenausschreibungen analysiert. Die Ergebnisse gingen gemeinsam mit Rückmeldungen aus Workshops und von Experten in eine statistische Modellrechnung ein. Dr. Henry Goecke, Geschäftsführer der IW Consult und Ko-Autor der Studie: „Die gewählte Methode gibt uns einen detaillierten Einblick in die von den Unternehmen in den nächsten Jahren benötigten Future Skills.“
Für Barbara Resch gibt die Studie einen wichtigen Impuls für die Anstrengungen zur Beschäftigungssicherung. „Dort, wo Stellen entfallen, müssen wir genau hinschauen, welche Zukunftskompetenzen in neu entstehenden Tätigkeiten benötigt werden und die Kolleginnen und Kollegen rechtzeitig für die neuen Jobs qualifizieren.“
Oliver Barta ergänzt: „Mit dem Wissen aus der Studie können Unternehmen nun gezielt in die Entwicklung der für sie relevanten Zukunftskompetenzen investieren und sicherstellen, dass sie für zukünftige Herausforderungen gerüstet sind. Damit schaffen sie eine wichtige Grundlage für den Unternehmenserfolg über das Jahr 2030 hinaus.“
Barta und Resch wiesen darauf hin, dass Unternehmen und Betriebsräte der Metall- und Elektroindustrie durch die gemeinsame AgenturQ Unterstützung in der Entwicklung einer Weiterbildungsstrategie und der Umsetzung von Qualifizierungsmaßnahmen erhalten können.
Download der Future Skills-Studie sowie weitere Begleitmaterialien unter
Zur Studie „Future Skills 2030“
Zur Identifikation der Zukunftskompetenzen wurden für diese Studie durch die IW Consult knapp eine Million Online-Stellenanzeigen von Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg mittels Machine Learning Verfahren analysiert. Diese Ergebnisse gingen gemeinsam mit qualitativen Inputs aus Workshops, Expertenmeinungen und einer Unternehmensbefragung in statistische Modellrechnungen ein. In den Online-Stellenanzeigen wurden über 12.000 Einzelkompetenzen identifiziert, die durch statistische, KI-gestützte und manuelle Verfahren zu 39 Future Skills-Cluster zusammengefasst wurden. Diese teilen sich auf in die vier Kategorien Kompetenzen im Bereich Technologie und Digitalisierung, industrielle Kompetenzen, überfachliche Kompetenzen sowie Kompetenzen zur Sicherstellung zentraler Geschäftsprozesse.
Die AgenturQ
Die Agentur zur Förderung der beruflichen Weiterbildung in der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (kurz AgenturQ) ist eine gemeinschaftliche und paritätisch finanzierte Einrichtung der beiden Sozialpartner IG Metall Baden-Württemberg und Südwestmetall. Sie verfolgt das Ziel, bei Unternehmen und Betriebsräten das Bewusstsein zu stärken, dass in einer sich verändernden Arbeitswelt ständige berufliche Weiterbildung notwendig ist, um die Qualifikationspotenziale der Beschäftigten zu nutzen. Ihre Aufgaben sind im Tarifvertrag zur Qualifizierung für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg (TV Quali) definiert. Hierzu gehören die Information, Beratung und Unterstützung von Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg in allen Fragen des TV Quali sowie das Entwickeln von Modellen und Konzepten im Rahmen beruflicher Weiterbildung.
Das Transformationsnetzwerk TraFoNetz Nordschwarzwald unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG) ist die größte regionale Gemeinschaftsinitiative zur kostenfreien Unterstützung der Automotive-Unternehmen und ihrer Beschäftigten im Nordschwarzwald. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Ziel ist es, die Transformation im Automobilbereich erfolgreich zu meistern und damit den Standort Nordschwarzwald und die Arbeitsplätze zu sichern.
TraFoNetz-Partner sind unter anderem die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die Hochschule Pforzheim, die AgenturQ mit Südwestmetall und IG Metall, die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, e-mobil BW, IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Steinbeis InnoBW, wvib Wirtschaftsverband und weitere.